Österreich, wie hast du’s mit der Klimapolitik?

Wenn es in einem eher themenarmen Wahlkampf etwas auf die Agenda geschafft hat, war es zweifelsohne die Klimakrise. Entgegen so mancher Erwartungen hält sich das Thema nun schon über Monate in der Öffentlichkeit – ausgelöst von Greta Thunberg mit der Fridays for Future-Bewegung und spürbar gemacht durch einen (wieder mal) außergewöhnlich heißen Sommer. Wenig überraschend wurde es auch von allen Parteien in ihren Programmen und Wahlkämpfen aufgegriffen.

Zugang: Verknüpfung mit Kernwählergruppen

Für die Grünen ist Umwelt- und Klimaschutz klarerweise das Kernthema. Die aktuelle Klimadebatte spielt ihnen bei den Bemühungen um einen Wiedereinzug in den Nationalrat zweifelsohne in die Hände. Alle anderen Parteien mussten jedoch versuchen, das Thema glaubhaft mit ihren Kernthemen und -wählergruppen zu verknüpfen. Diese Versuche haben an der einen oder anderen Stelle zu Kritik geführt.

So sorgte die Ansage Norbert Hofers, Umweltschutz würde unter seiner Obmannschaft zu einem Schwerpunkt der FPÖ (siehe OTS-Aussendung), für Kritik. Die FPÖ deklariert sich sonst klar als Autofahrerpartei, die zur Regierungszeit das umstrittene Projekt Tempo 140 km/h auf Autobahnen forcierte. Der Verkehrsminister damals: Norbert Hofer.

Auch die SPÖ sah sich im Sommer kurzeitig Kritik ausgesetzt. Mitten in der Diskussion um eine Einführung einer Fleischsteuer aus Klimaschutzüberlegungen postete die Parteichefin und Spitzenkandidatin Pamela Rendi-Wagner ihre klare Ablehnung (Link). „Das Schnitzel darf nicht Luxus werden!“ hieß es von ihr, womit sie sozialpolitische vor klima- und umweltpolitischen Überlegungen stellte.

ÖVP und NEOS müssen als deklarierte Wirtschaftsparteien Klimapolitik und Wirtschaftspolitik verbinden. NEOS sind dabei in die Offensive gegangen, plakatieren das genau so (siehe Plakate unten) und haben relativ früh ein Konzept für eine ökologische Steuerreform präsentiert (schon 2018). Die ÖVP verweist auf die ökosoziale Marktwirtschaft und sieht beim Thema Klima und Umwelt kein Entweder-Oder.

Welche konkreten Vorhaben und Projekte stehen aber in den Programmen der Parteien? Die jeweils wichtigsten Forderungen und Ideen im Überblick:

Die ÖVP möchte Klima zur „Chefsache“ machen und präsentiert in ihrem Konzept eine ganze Stafette an Vorschlägen: einen Klimaaktionsplan, ein Klimakabinett unter Vorsitz des Bundeskanzlers, Fortschrittsevaluierungen durch eine externe Klimakommission und einen Klimacheck bei neuen Gesetzen und Verordnungen.

Als Partei, die in der jüngsten Vergangenheit das Umweltministerium innehatte, orientieren sich ihre Vorschläge klarerweise an den im Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus erarbeiteten Ziele und Maßnahmen (z.B. Mission2030, Nahverkehrsmilliarde, Pariser Klimaziele, usw.). Die ÖVP möchte Österreich bis zum Jahr 2030 vollständig auf erneuerbaren Strom umstellen und strebt eine CO2-Neutralität bis 2045 an.

Eine Hauptmaßnahme im Wahlprogramm der ÖVP ist die Förderung von Wasserstoff als alternative Antriebsform. Sie will Österreich bis 2030 zur führenden Wasserstoffnation in Europa machen. Dazu soll eine Strategie entwickelt werden (unter dem Titel „H2-Ö“), ein Wasserstoff-Zentrum gegründet werden und bis 2025 ein entsprechendes Tankstellennetz in Österreich zur Verfügung stehen.

Ansonsten spricht sich die Volkspartei für CO2-Zölle aus, wenn Drittländer Klima- und Umweltstandards nicht erfüllen, sowie für eine verursachergerechte Besteuerung von Kerosin und Schiffsdiesel.

Die SPÖ setzt in ihrem Wahlprogramm auf Anreize beim Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel. Die Hauptforderung ist sicherlich die Einführung eines sog. 1-2-3- Klimatickets für öffentliche Verkehrsmittel. Demnach soll die Nutzung sämtlicher öffentlicher Verkehrsmittel im Bundesland um 1 Euro, über mehrere Bundesländer hinweg um 2 Euro und österreichweit um 3 Euro pro Tag möglich sein. Ebenso soll die Pendlerpauschale um einen Klimabonus erweitert werden, soll heißen: Berufspendler, die vom Auto auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen erhalten, erhalten den Bonus.

Ähnlich wie fast alle anderen Parteien schlägt auch die SPÖ eine umfassende Strategie und einen New Green Deal vor, die an die Stelle von Einzelstrategien treten sollen. Dazu soll noch im Herbst ein Nationaler Klimakonvent einberufen und folglich ein Klimaschutzfonds eingerichtet sowie ein Klimaforschungscluster geschaffen werden. Grundsätzlich betont die SPÖ im Wahlkampf, dass sie die Industrie in der Pflicht sehe und die Belastungen für klimapolitische Maßnahmen nicht den Bürgern umhängen wolle.

Weiters wird eine nationale CO2-Abgabe abgelehnt, zugunsten einer EU-weiten CO2- und Kerosinbesteuerung. Bis 2030 soll es in Österreich 100% erneuerbaren Strom geben.

Ein Blick auf das Wahlprogramm der Freiheitlichen zeigt, dass sich die Partei mit dem Spagat zur Umwelt- und Klimafrage sichtbar schwer tut. Sie fordert einen „umweltbewussten und leistbaren Verkehr“ und „wirksamen Umweltschutz ohne Klimahysterie“ – das sind auch die Überschriften bzw. Kapitelnamen im Wahlprogramm. Sie möchte die FPÖ Verkehrsnetze ausbauen sowie den öffentlichen Verkehr fördern, nennt aber keine konkreten Ziele oder Maßnahmen. Die FPÖ lehnt das „Diesel-Bashing“ ab und fordert zugleich, um die Pendler zu entlasten, eine Preissenkung bei Jahresvignetten für Autobahnen (bei gleichzeitiger Erhöhung der Kurzzeitvignetten).

Betont wird im Wahlprogramm übrigens die konsequente Linie in Asyl- und Migrationsfragen. Demnach soll auch der Klimawandel nicht als Fluchtursache anerkannt werden.

Name ist Programm – so legen die Grünen die umfangreichsten und detailliertesten Vorschläge zur künftigen Klima- und Umweltpolitik vor. Die allerwichtigste Forderungen sind eine ökosoziale Steuerreform. Demnach soll das Steuer- und Abgabensystem so organisiert werden, dass alles Klimaschädliche be- und alles Klimafreundliche und Ressourcenschonende entlastet wird. Ein ansteigender CO2-Mindestpreis soll eingeführt werden. Die Einnahmen sind bei den Grünen für die Entlastung des Faktors Arbeit sowie für einen Öko-Bonus von 500 Euro pro Person vorgesehen. Darüber hinaus fordern sie Zölle für CO2-intensive Produkte an den EU-Außengrenzen und die Abschaffung von steuerlichen Begünstigungen für Diesel, Heizöl und Kerosin.

Im Bereich öffentlicher Verkehr wollen die Grünen ein Recht auf ÖV-Mobilität nach Schweizer Vorbild einführen. Zudem sollen sämtliche Autobahnprojekte gestoppt und ein 1-2-3-Öffi-Ticket für ganz Österreich eingeführt werden (wie es auch die SPÖ fordert, siehe oben).

Viele weitere Maßnahmen und Forderungen finden sich im Wahlprogramm. Zum Beispiel forderte Spitzenkandidat Werner Kogler erst am 25.9 sieben Sofortmaßnahmen für’s Klima (Link zum Tweet).

In Klima- und Umweltfragen setzen NEOS auf die Devise Klima und Wirtschaft zu verbinden. Im Zentrum steht dabei eine Ökologisierung des Steuersystems. Dazu soll eine aufkommensneutrale CO2-Steuer schrittweise eingeführt werden. Bis 2022 sollen national wirkungslose Umweltsteuern, wie z.B. die motorbezogene Versicherungssteuer, gestrichen und durch eine CO2-Besteuerung ersetzt werden. In einem zweiten Schritt soll bis 2030 die CO2-Steuer auf 40% des Steuerniveaus von Treibstoffen angehoben werden, wobei die Industrie bis dahin nicht erfasst wird und im Europäischen Emissionshandelssystem bleibt. Ab 2033 soll es dann einheitliche CO2-Steuern für alle Bereiche geben.

Darüber hinaus fordern NEOS in ihrem Wahlprogramm ebenfalls ein nationales Klimabudget, wo den einzelnen Bereichen maximale CO2-Budgets zugeteilt werden, und so die Einhaltung der Reduktionsziele sichergestellt wird.

Wie immer steckt aber auch hier die Schwierigkeit im Detail beziehungsweise muss sich erst zeigen, wie weit die Parteien dann im Regierungsprogramm tatsächlich bereit sind zu gehen.