Ein Abgeordneter verwendet sich in seiner Funktion als Mandatar für ein Unternehmen, auf dessen Payroll er steht. Mit solchen Fragen beschäftigt sich üblicherweise das Korruptionsstrafrecht. Und im Idealfall gibt es auch einen Ehrenkodex im Parlament, der Vorgaben dazu macht. Also müssten Medien in diesem Fall von Korruption berichten.

Dennoch wurde aus dem Fall Amthor sofort eine „Lobbyingaffäre“. Dabei ist der deutsche Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor Mandatar und nicht Lobbyist. Gerichtlich ausverhandelt ist die Sache im Fall von Ernst Strasser, ehemals Mitglied des Europäischen Parlaments aus Österreich, der gegen Bezahlung politische Einflussnahme zusagte und 2011 dafür unfreiwillig berühmt wurde.

Was war jeweils die Folge dieser beiden Ereignisse? In Deutschland wird heute die Einführung eines Lobbyingregisters diskutiert. Nur leider hätte ein solches den Fall Amthor nicht verhindert, weil sich dieser selbstverständlich dort nicht eingetragen hätte – ist er ja Mandatar und kein Lobbyist. Und in Österreich wurde damals tatsächlich ein strenges Lobbyinggesetz mit verpflichtendem Register eingeführt – ebenso wenig effektiv, um eine Wiederholung der Causa zu verhindern.

Transparenz stärkt die Politik

Es ist zweifellos wichtig, Interessenvertretung transparent zu machen. Je besser politische Entscheidungen nachvollziehbar sind, desto größer ist die Akzeptanz für diese Entscheidungen durch die Bevölkerung. Dazu gehört ein öffentlich einsehbares Register, in dem ich mich darüber informieren kann, welche Kammern, Verbände, Unternehmen, NGOs, Kirchen, Dienstleistungsagenturen, Rechtsanwält*innen und anderen Organisationen die Politik adressieren, um Einfluss auf deren Entscheidungen zu nehmen. Das Register beim Europäischen Parlament und der Kommission ist zwar noch freiwillig, schafft aber zumindest einen einheitlichen Standard und sorgt dafür, dass Transparenz zum guten Ton wird.

Warum aber gerade die Anlässe Amthor und Strasser die Einführung solcher Transparenzmaßnahmen auslösen, ist nicht nachvollziehbar. Und unklar ist auch, warum dann manchmal unterschiedliche Standards gelten, wie etwa im österreichischen Lobbyinggesetz, das viele Fragen aufwirft: Warum gelten gesetzliche Verhaltensregeln für alle Interessenvertreter*innen – außer für jene von Kammern? Warum definiert das Gesetz nicht klar genug, dass Rechtsanwält*innen selbstverständlich nicht vom Lobbyinggesetz ausgenommen sind, wenn sie politische Interessenvertretung betreiben? Wurden da vielleicht Gesetze geschaffen, die eine Berufsgruppe streng regulieren, um damit vom Fehlverhalten einzelner Mandatare abzulenken?

Diese Fragen zeigen: Politische Entscheidungen sind höchst sensibel. Die Prozesse, wie sie zustandekommen, müssen klar geregelt und transparent sein. Und dabei sollen alle gleichberechtigten Zugang zur Politik haben. Je nachvollziehbarer eine politische Entscheidung, desto größer die Akzeptanz für sie.

Foto: Europäische Union 2019, Europäisches Parlament / Emilie Gomez