Beim Gipfeltreffen von 365 Sherpas in Alpbach diskutierten Vertreter aus Wirtschaft und Wissenschaft über die digitale Wettbewerbsfähigkeit Europas. Überraschende, positive Quintessenz: Die Chancen überwiegen, aber smarte Regulierung und Humanressourcen sind entscheidend.
Wie passen Bergpanorama, Wiesen und Digitalisierung zusammen? Sehr gut, finden 365 Sherpas und luden am 28. August 2019 zum Gipfeltreffen nach Alpbach. Dabei stand die Frage „Was braucht Europa, um in einer digitalen Zukunft wettbewerbsfähig zu sein?“ im Mittelpunkt. Dieses Thema beleuchteten Mag. Sonja Wallner (CFO, A1 Telekom Austria AG), Dr. Joachim von Schorlemer (Vorstand, ING-DiBa AG), Prof. Dr. Mario Voigt (Professor für Digitale Transformation und Politik, Quadriga Hochschule) und Cornelius Winter (Principal Partner, 365 Sherpas).
Nationale Sprints oder gesamteuropäische Kraft
Als fachlichen Input verfassten 365 Sherpas in Wien, Berlin und Brüssel vorab sieben Thesen, die in zugespitzter Form als Diskussionsgrundlage dienten. Diese Thesen kreisen um Fragen, ob Europa hinsichtlich der Humanressourcen gut aufgestellt ist? Ob der ausgeprägte Konsumentenschutz, die langwierige Entscheidungsfindung und auch die hohen ethischen Standards ein Bremsklotz oder nachhaltiger von Vorteil sind? Braucht es mehr nationale Alleingänge? Hier geht’s zum ausformulierten Thesenpapier.
Das Ziel regulieren, nicht den Weg
Für Mario Voigt liegt in der Wertehaltung Europas auch in der Digitalisierung ein Vorteil, dennoch mahnt er: „Die hohen Datenstandards Europas sind ein Asset, aber wir dürfen unseren digitalen Geschäftsmodellen nicht sinnlose Hürden aufbauen. Statt den Weg regulieren zu wollen, sollte es eher um das Ziel gehen. Das ist smarte Regulierung“, meint der Professor für Digitale Transformation und konkretisiert weiter: „Wir brauchen dringend einen digitalen Binnenmarkt mit klaren Regeln, niedrigen Hürden des Datenaustauschs, einer digitalen Identität und Signatur sowie Experimentierräume für einen Wettbewerb der Ideen. Europa ist das ideale Launchpad für digitale Ideen, weil wir eine ausgeprägte Bildungslandschaft, einen zahlungskräftigen Markt von mehr als 500 Millionen Menschen in einem sicheren Rechtsraum bieten. Diese Chance sollten wir nutzen.“
Diesem Befund konnte Sonja Wallner mehr als zustimmen, fordert sie doch ebenso eine „kluge“ Regulierung. „Das digitale Leben dreht sich mehr und mehr um Services. Genau hier stellen sich auch aktuell die großen regulatorischen Fragen und Diskussionen. Im Infrastrukturbereich könnte durchaus weniger und vor allem für alle Marktteilnehmer gleich reguliert werden, damit (endlich) alle mit gleichen Mittel am Markt agieren können“, verweist die CFO von A1 auf eine notwendige Differenzierung, denn: „Wie schnell wir neue und leistungsfähigere Technologie zur Verfügung stellen, ist letztlich ausschlaggebend für den Erfolg der digitalen Unternehmen und sogar ganz Europas.“
Talent als Chance
Einen optimistischen Appell richtete Joachim von Schorlemer an die versammelten Gäste aus Wirtschaft und Wissenschaft, warnte aber vor Trödelei: „Europa hat gute Voraussetzungen und es ergeben sich enorme Chancen in der Digitalisierung. Wir müssen sie aber rasch ergreifen, besser heute als morgen!“. Als Beleg verwies er auf den hohen Anteil an MINT-Studierenden in Europa oder die hohe Anziehungskraft die z.B. deutsche und österreichische Universitäten auf außereuropäische Studierende hat. „Diese Talente müssen wir im Land behalten“, brachte der ING-Vorstand die Herausforderung auf den Punkt.
Bild: 356 Sherpas
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